Schluss machen mit Perfektionismus?

Perfektionismus Dr. Katharina Stenger

Better done than perfect!

Hast du diesen Motivationsspruch schon mal gehört? 

Der Spruch fordert auf, eine Aufgabe zu erledigen, auch wenn nicht jedes Detail hundert prozentig stimmt.

Aus eigener Erfahrung stimme ich zu: Wenn ich etwas „richtig perfekt“ machen will, sträube ich mich oft davor, die Aufgabe anzufangen oder stecke mitten drin und weiß nicht weiter. Mein Perfektionismus blockiert meinen Fortschritt.

Aber man könnte den Spruch „Better done than perfect“ auch so auslegen: Es ist wichtiger, etwas einfach abzuhaken statt es mit Liebe zum Detail „perfekt“ zu tun.

Hier wird es tricky! 

Denn Verallgemeinern sollte man „Better done than perfect“ nicht. In vielen Arbeitsfeldern wäre das Abdriften in eine Halbherzigkeit sogar gefährlich. Ein Arzt / eine Ärztin sollte nicht einfach die Ratsuchenden in der Klinik abfertigen, nur um den Punkt „Visite“ auf der ToDo Liste abzuhaken – oder?

„Der Gebildete treibt die Genauigkeit nicht weiter,
als es der Natur der Sache entspricht.“ – Aristoteles

Als Psychologin denke ich, dass das Streben nach Perfektion prinzipiell nichts Schlimmes ist. Im Gegenteil, es motiviert uns als einzelnen Menschen und sogar als ganze Gesellschaft. Perfektionismus kann zu Wachstum und Weiterentwicklung führen. Doch wenn dieses Streben und die persönliche Einstellung die „Natur einer Sache übersteigt“ (also zwanghaft ist), dann wird Perfektion zum Problem.

Ist „Better done than perfect“ also wirklich der richtige Weg, um das Thema Perfektionismus anzugehen?

Schauen wir uns das Phänomen „Perfektion“ mal genauer an:

Was ist Perfektionismus?

Wie bei vielen Dingen in der Psychologie gibt es keine einheitliche Definition von Perfektionismus. Allgemein wird er als das Streben nach Vollkommenheit und exzellenten Leistungen beschrieben.

Schon in den 1950er Jahren haben sich Psycholog*innen mit diesem Streben beschäftigt. Der bekannte Verhaltenstherapeut Albert Ellis hat Perfektionismus als einen Anspruch bezeichnet, den wir an uns selbst bzw. an unsere Leistung haben. Schwierig wird es, wenn dieser Anspruch auf irrationalen Überzeugungen basiert, z.B. auf der Erwartung, in allen Bereichen vollkommen leistungsfähig, intelligent oder in Kontrolle zu sein. 

Oft bringen die Definitionsversuche den Perfektionismus mit einer „übertriebenen Einstellung“ in Verbindung. Deshalb bewerten wir ihn eher als eine negative Eigenschaft

Aber es gibt auch einen gesunden Perfektionismus. Sonst hätten wir in der Welt keine Expert*innen oder Meister*innen, keine Kunst und keine Exzellenz. 

Sushi Meister Perfektion

Ich muss da immer an die Sushi-Meister*innen aus Japan denken, die schon um 5 Uhr morgens auf dem Markt tätig sind, um die frischesten Zutaten für ihr Sushi zu kaufen. Sie versuchen, ihre Zubereitungstechnik immer weiter zu perfektionieren, auch wenn sie ihren Beruf schon seit Jahrzehnten ausüben. Sie streben ein ihrer Arbeit immer nach etwas Höherem, um ihre Kund*innen glücklich zu machen. 

Das klingt anstrengend, aber laut eigenen Angaben stresst diese Art von Perfektionismus die Meister*innen nicht. Es macht sie auch nicht krank oder treibt sie an den Rand des Burnouts. Im Gegenteil — es erfüllt sie, zu wissen, dass sie mit Ambition, Ehrfurcht und Liebe zum Detail arbeiten. Sie wissen nämlich ganz genau, dass sie die angestrebte Perfektion nie erreichen werden. Und das ist OKAY!

Aber weg vom japanischen Sushi-Markt und zurück in den Alltag.

Woran merkst du, ob dein Streben nach Perfektion förderlich oder hinderlich für deine Arbeit ist?

Gesunder versus ungesunder Perfektionismus

In den 1970er Jahren hat der amerikanische Psychologe Don E. Hamachek das Phänomen Perfektionismus in zwei Typen eingeteilt:

Der „funktionale Typ“:

Funktionale Perfektionist*innen streben danach, Dinge möglichst einwandfrei zu erledigen. Sie wissen allerdings (ähnlich wie die Sushi-Meister*innen), dass sie ihre hohen Ziele oder Erwartungen nicht immer erfüllen. Ihr Stolz und ihr Selbstbewusstsein ist nicht verletzt, wenn sie einen Fehler machen oder etwas nicht so umsetzen können, wie sie sich das vorgestellt hatten. Stattdessen können sie aus Fehlern lernen, denn sie wissen, dass ihre Leistung trotzdem wertvoll ist.

Letztendlich sind wir alle nur Menschen!

Das heißt, dass der Selbstwert der funktionalen Perfektionist*innen nicht nur von ihrer eigenen Leistung abhängt, sondern von vielen anderen Faktoren, die u.U. nicht kontrollierbar sind. Heute wird der funktionale Typ übrigens eher als „Gewissenhaftigkeit“ bezeichnet. Damit grenzt er sich von dem negativ behafteten Perfektionismus ab.

Der „dysfunktionale oder neurotische Typ“:

Dysfunktionaler Perfektionismus (früher auch „neurotischer“, heute eher „negativer“ Perfektionismus) ist oft mit Leidensdruck verbunden. Das Schlimme ist, dass dieses Leiden nicht immer bewusst wahrgenommen wird.

Wir leiden also im Stillen, weil wir glauben, es ist normal.

Zu dem Leidensdruck gehören u.a. Versagensangst, geringes Selbstvertrauen und Stress. Es können außerdem somatische (=körperliche) Beschwerden und sogar depressive Symptome auftreten. Dysfunktionale Perfektionist*innen neigen dazu, ihr Selbstwertgefühl an ihrer Leistung und der Anerkennung durch andere zu orientieren. Sie legen die eigene Messlatte so hoch, dass sie eigentlich nie erreicht wird. Gleichzeitig versuchen sie krampfhaft, keine Fehler zu machen. Das gelingt natürlich nicht immer, denn – wie schon gesagt – Fehler sind menschlich. Dementsprechend kannst du dir vorstellen, dass dysfunktionale Perfektionisten dauernd angespannt und unzufrieden mit sich selbst sind.

Ist Perfektion wirklich etwas Schlechtes?

Der gesunde Perfektionismus ist an sich keine negative Eigenschaft. Im Gegenteil — nach Vollkommenheit zu streben, kann etwas durchaus Gutes sein. Wie weiter oben schon erwähnt, trägt er dazu bei, dass wir uns weiterentwickeln können. Viele Innovationen und Künste entstehen dadurch, dass jemand seine Sache „ordentlich und mit Leidenschaft“ erledigt hat.

Das heißt, dass hohe Ansprüche dich super antreiben und motivieren können. Du willst die Welt verändern? Cool, mach dein Ding! Solange du erkennst, dass Durchhaltevermögen, Stillstand und Rückschläge zu diesem Prozess dazu gehören. Und dass deine Intention wichtiger ist als die Erfolge, die du auf dem Weg feierst. 

Die Welt braucht genau solche Idealisten und ambitionierte Menschen!

Wann wird Perfektionismus zur Krankheit?

ABER: es gibt ihn eben doch — den krankhaften (negativen) Perfektionismus. Er kann dir sogar körperliches Leid zufügen. Zum Beispiel gibt es eine Verbindung zwischen negativem Perfektionismus und Essstörungen, Depressionen, Angst-, Zwangs – oder Panikzuständen.

Wenn du unter negativem Perfektionismus leidest, bist dich nie wirklich zufrieden mit dir, auch wenn du dein Ziel eigentlich erreicht hast. Warum? Weil du deinen eigenen Ansprüchen nie gerecht werden kannst. Stattdessen denkst du, du hättest es immer noch besser machen können / mehr erreichen können. Deine Aufmerksamkeit liegt immer auf Aspekten, die nicht 100%ig gelungen sind — auch wenn andere das gar nicht sehen.

Beispiel: Ein einziger Verhaspeler in einem Vortrag macht die gesamte Leistung zunichte.

Diese verzerrte Aufmerksamkeit führt dazu, dass du eine (übertriebene) Angst vor Misserfolg (Verhasplern) hast und das um jeden Preis vermeiden willst. Du schämst dich für die vermeintlichen „Schwächen“, die du überdeutlich wahrnimmst — so als wäre ein Scheinwerfer auf all das gerichtet, was du nicht sehen willst.

So entsteht eine Abwärtsspirale aus Stress und negativen Gefühlen wie Schuld, Scham, Enttäuschung oder Frustration.  

Typische Symptome & Auswirkungen von negativem Perfektionismus

Wie weiter oben schon erwähnt, ist Perfektionismus eng mit der wahrgenommenen (eigenen) Leistung und mit dem Selbstwert verknüpft.

Bonelli und Randy O. Frost (et al.) haben in den 90er Jahren mehrere „Facetten“ von negativem Perfektionismus definiert: 

  • hohe persönliche Standards,
  • strenge Organisiertheit,
  • Fehlersensibilität und unfreie, neurotische Angst vor der eigenen Fehlerhaftigkeit
  • leistungsbezogene Zweifel,
  • hohe Erwartung von Seiten der Eltern oder/und Kritik durch die Eltern
  • krankhaft überzogenes Leistungsdenken
  • unsichere Persönlichkeit
  • irrationale Angst, nie gut genug zu sein
  • werden von Außenstehenden als rigide, besserwisserisch und intolerant wahrgenommen

Zusammengefasst betonen die Fachleute, dass sich negative Perfektionist*innen zu hohe Standards setzen, über eine ausgeprägte Werteordnung und Organisiertheit verfügen, Fehler vermeiden wollen, oft unentschlossen sind und großen Wert auf die vergangene bzw. aktuelle Bewertung von Außen legen.

Die Perfektionismus Falle

Hier ist ein „perfektes Beispiel“, anhand dem ich dir veranschaulichen will, worin sich gesunder und negativer Perfektionismus unterscheiden:

Angenommen, du möchtest nachhaltiger leben: Du beginnst, deine Badezimmerartikel auszutauschen: Du benutzt eine Bambuszahnbürste und festes Shampoo. Du versucht, möglichst plastikfrei einzukaufen und vegetarisch zu essen.

Wenn du einen gesunden Perfektionismus hast, nimmst du all diese kleinen Veränderungen in einem Alltag mit Stolz und Zufriedenheit wahr. Wenn du aber doch einmal den To-Go-Kaffeebecher geschnappt hast oder aus Versehen etwas Tierisches gegessen hast, machst du dich nicht fertig. Du kannst dein Verhalten akzeptieren und versuchst, beim nächsten Mal besser vorbereitet zu sein.

Mit einem negativen Perfektionismus leidest du ständig darunter, wenn du dich nicht in jeder Situation moralisch korrekt verhältst. Du verurteilst dich dafür, wenn du doch einmal etwas gekauft hast, das in Plastik verpackt war. Du bist nur dann mit dir zufrieden, wenn dein Ziel (nachhaltig leben) PERFEKT erreicht ist — was (aus deiner Sicht) nie vollständig gelingen kann. Damit stehst du dir selbst im Weg und kannst deinen guten Vorsatz gar nicht genießen. 

Gründe für Perfektionismus — ein gesellschaftliches Problem?!

Eigentlich ist es kein Wunder, dass wir unzufrieden mit unserer Leistung sind. Immer wieder wird uns vor Augen geführt, wie wichtig es ist, perfekte Leistungen in allen Lebensbereichen zu erbringen. Und das in möglichst kurzer Zeit ohne Umwege.

Im Studium habe ich gelernt, dass Schulnoten immer noch die „besten Prädiktoren“ (Prädiktor = zur Vorhersage herangezogene Variable) für den späteren Berufs- und sogar Lebensweg sind. Das heißt verallgemeinert:

Wer gute Noten hat, bringt es weit im Leben. 

Du erkennst, dass du schon früh darauf getrimmt wurdest, die beste Note zu bekommen. Die Überzeugung „gute Note = gutes Leben“ brennt sich regelrecht in dein Hirn ein. Vielleicht denkst du dann: „Ich muss der/die Beste sein, sonst sind meine Eltern / meine Lehrer*innen böse auf mich… sonst bekomme ich nicht den Job, den ich will… sonst bin ich nichts wert.“

Ein weiteres Beispiel ist das verzerrte Schönheitsideal in den (sozialen) Medien. Online zeigen dir Menschen, die du nicht einmal kennst, dass du „besser“ werden musst, um „wirklich erfolgreich, glücklich, selbstbewusst…“ zu sein. 

Wir messen uns an etwas bzw. wir streben nach etwas, das nicht mal real ist!

Kleine Anmerkung: Viele Wissenschaftler*innen wissen, dass Schulnoten nicht ausreichen, um die spätere Lebensführung sinnvoll vorherzusagen. Allerdings scheint es aktuell keine „besseren Vorhersagen“ zu geben.  

Kodawari – Japanische Perfektion

Schauen wir wieder zurück nach Japan:

In der japanischen Sprache gibt es das Wort „Kodawari“ (拘り). Kodawari bedeutet, etwas immer wieder zu tun — mit größtmöglicher Genauigkeit und Achtsamkeit. Das kann ein kleiner Handgriff sein, der alleine gesehen nicht zum Ziel führt, aber wichtig ist, um einen Prozess voranzutreiben. Zum Bespiel das Rühren des Tees bei einer Teezeremonie.

Kodawari ist eine (Arbeits-)Philosophie, die bedeutet, jede noch so kleine Einheit einer Aufgabe bewusst zu tun. Das heißt auch, einen Schritt nach dem anderen zu tun und nicht alles auf einmal erledigen zu wollen.  

Multitasking ist nicht erlaubt!

Es ist ein Streben, bei dem jeder einzelne Schritt genauso wichtig ist wie das Erreichen eines Ziels. Deine Leistung ist nicht (nur) durch die Erreichung eines Ziels (eine gute Note, einen Abschluss o.ä.) definiert. Stattdessen ist deine Leistung und damit dein Selbstwert damit verknüpft, wie sehr du dich einer Aufgabe hingeben kannst und sie mit Liebe zum Detail erledigst. Natürlich darfst du nach Verbesserung streben, aber du tust es aus einer inneren Motivation heraus und nicht, weil du Angst vor äußeren Konsequenzen hast.

Als „Kodawari-Perfektionist*in“ kannst du in einer Sache total aufgehen. Jede Aufgabe wird zu einer Achtsamkeitsübung!

Während meiner Zeit in Tokio ist mir aufgefallen, dass vor allem Handwerker*innen ihre Handgriffe mit großer Sorgfalt und Leidenschaft tun. Es ist fast wie ein einstudierter Tanz, wenn eine Tischlerin das Holz hobelt oder wenn ein Katana-Schmied (Katana = japanisches Schwert) die Klinge im Feuer schlägt.

Merke: Nimm dir die Handwerker*innen in Japan zum Vorbild. Erlaube dir, ein Gefühl von Stolz und Zufriedenheit bei jedem Schritt auf deinem Weg zum Ziel zu spüren. So bleibt dein Selbstwertgefühl durchweg stark und du schaffst es, dich auf die positiven Aspekte deines Tuns zu konzentrieren. Vielleicht fällt es dir sogar leichter, kleine „Rückschläge“ zu akzeptieren und sie als Motivation zu nutzen, immer weiter zu machen. So bringst du Wachstum und Bedeutung in dein Tun — auch wenn es Geschirrspülen oder Zähneputzen ist. 

Krankhaften Perfektionismus überwinden — So geht’s!

Ich möchte dir ein paar Impulse geben, wie du einen gesunden Perfektionismus oder sogar einen „Kodawari-Perfektionismus“ aufbaust: 

Impuls 1 — Richtig Ziele setzen

Große Ziele zu haben, ist sinnvoll. Versuche, deine Ziele in kleinere Zwischenziele, vielleicht sogar in Wochen- oder Tagesziele einzuteilen. Diese Zwischenziele sollten in einem machbaren Zeitraum erreichbar sein, sodass du deine Erwartungen auch wirklich erfüllen kannst. Achte außerdem darauf, dass dein Ziel „messbar“ ist, d.h. du weißt genau, wann du es erreicht hast. 

Beispiel: 

Du willst mehr Selbstbewusstsein und auf andere Menschen zugehen. Das ist ein wertvolles Ziel, aber es ist schwer messbar bzw. „perfektionierbar“. Überlege dir, was du in deinem Alltag tun kannst, um dich mehr mit anderen Menschen zum verbinden. Du könntest damit beginnen, deine Mitmenschen anzulächeln und ihnen in die Augen zu schauen, wenn du ihnen begegnest. Probiere das ein paar Tage oder Wochen lang aus, bis das nervöse Gefühl wenn du anderen begegnest nachlässt (Zwischenziel).

Danach könntest du ein Gespräch mit einer freundlichen Person in einem Café beginnen. Das (Zwischen-)Ziel ist nicht, sofort viele neue Bekanntschaften zu machen. Das Ziel ist, dass du dich wohl fühlst, wenn du ein Gespräch beginnst.

Wenn du das erreicht hast, könntest du einem/einer Bekannten einen Gefallen tun oder selbst um einen Gefallen bitten usw. 

Du merkst: Wenn du dir das abstrakte Ziel „mehr Selbstbewusstsein“ in messbare Zwischenziele einteilst und dich auf dein eigenes Wohlbefinden konzentrierst, hast du mehr Erfolgserlebnisse auf dem Weg. 

Impuls 2 — Stolz auf dich sein

Mach dir am Ende des Tages bewusst, was du alles geschafft hast. Dazu gehört auch: aus dem Aufstehen, Duschen, die Katze füttern oder den Müll runterbringen. In der Psychologie sprechen wir von „Selbstwirksamkeit“, denn dir wird auffallen, dass deine Taten einen wirkungsvollen Beitrag leisten. 

Jede kleine Tat, jeder positive Gedanke, jedes gute Gefühl zählt und sollte als Erfolgserlebnis wahrgenommen werden. 

Impuls 3 — Kontrolle abgeben und Grenzen akzeptieren 

Hast du dir etwas Großes vorgenommen und stehst aktuell vor einem Hindernis? Keine Sorge — das passiert uns allen. Mach dir klar, dass nicht alles in deinen Händen liegt und dass du nicht die Verantwortung für alles tragen musst. 

Statt gegen unkontrollierbare Faktoren zu kämpfen und zwanghaft etwas zu verändern, nimm solche Situationen geduldig und gelassen hin. 

„Die schlechte Nachricht ist: Nichts ist für immer. Die gute Nachricht ist: Nichts ist für immer.“

Impuls 4 — Einfach machen

Mein eigener (negativer) Perfektionismus kommt gerne zutage, wenn ich ein neues Video für Instagram oder Youtube aufnehme: Ich will das Video möglichst „perfekt“ machen — ohne Versprecher, ohne Denkpausen und am besten ohne „ähms“. Und dann werde ich richtig frustriert, wenn ich den Videotext nach dem fünfzigsten Take immer noch nicht fehlerfrei formuliert habe.

Um diese Blockade zu lösen, habe ich eine neue Regel aufgestellt: Ich filme jeden Take nur noch maximal drei mal. Wenn dann noch ein Versprecher oder ähnliches passiert, bleibt das drin. Zugegeben — das war Gewöhnungssache. Doch letztendlich wirkt ein „glattgebügeltes“ Video ohne „ähms“ ziemlich unnatürlich und nicht ganz so authentisch. 

Impuls 5 — Geduld üben 

In den (sozialen) Medien wird dir ständig vorgelebt, dass du jederzeit alles erreichen kannst. Im wahren Leben aber passieren großartige Dinge selten über Nacht. 

Es ist wichtig, dass du die vielen kleinen Schritte auf deinem Weg zu schätzen lernst. Gehe geduldig und liebevoll mit dir um. 

„Ist man in kleinen Dingen nicht geduldig, bringt man die großen Vorhaben zum Scheitern.“ – Konfuzius

Impuls 6 — Gleichgewicht zwischen Aufwand und Ergebnis

Führe dir gerade bei schwierigen Aufgaben vor Augen, welche Bestimmung du mit deinen Handlungen verfolgst. Genauer gesagt: Warum machst du diese Aufgabe eigentlich? Welcher Sinn steckt dahinter? 

Sobald du Bestimmung oder Sinn hinter deinem Tun entdeckt hast, kannst du dich fragen, ob es wirklich ausschlaggebend ist, dass du jeden Aspekt mühevoll und zeitintensiv bis ins kleinste Detail erfüllst. Vielleicht macht es am Ende für das Gesamtergebnis gar keinen Unterschied. Damm lohnt sich der Aufwand nicht. 

Impuls 7 — Gönne dir Ruhepausen

Pausen sind nicht die Abwesenheit von Produktivität. Genau genommen besagt das Prinzip der Regeneration, dass Pausen nötig sind, um Energiereserven aufzufüllen, kreativ(er) zu denken und Dinge besser zu erinnern. (Arbeits-)Pausen machen dich also gesünder und leistungsfähiger — grob gesagt (Studien dazu findest du weiter unten). 

Plane Pausen gezielt in deinen (Arbeits-)Alltag ein. Wenn du zum Beispiel über längere Zeit an einem wichtigen Projekt arbeitest, solltest du jeden Tag mehrere Pause machen und am Ende des Tages mit dem Arbeitsprozess abschließen. Mach dir klar, dass du es verdienst, dich auszuruhen. Wenn „deine Batterie“ nämlich leer ist, dauert es viel länger, bis du wieder einsatzbereit bist (Stichwort Burnout).

Nimm dir außerdem bewusst Zeit für Aktivitäten, die dich entspannen (HIER gibt’s Anregungen) und dir Freude bereiten. Beispiele sind: Fitnessstudio, Yoga, lesen, schreiben (Kann schreiben heilen?), zeichnen, meditieren (Meditation macht sogar glücklich), usw.

Du verdienst es, Pause zu machen!

Impuls 8 — Schwächen sind Stärken

Du bist bestimmt auch der Meinung, dass kein Mensch perfekt ist. Wir alle haben eine Superpower und wir alle haben ein „Kryptonit“. 

Wahrscheinlich kennst du deine vermeintlichen Schwächen ziemlich gut. Doch wie sieht es mit deinen Stärken aus — kennst du sie auch? 

Denke darüber nach, was du wirklich gut kannst und wie du deine Superpower einsetzen kannst, um deine Ziele zu erreichen. 

Das heißt nicht, dass du deine Schwachstellen ignorieren sollst. Versuche, dein Kryptonit zu akzeptieren oder es zumindest zu tolerieren.

Impuls 9 — Keine Angst, Fehler zu machen

Rückschritte sind auch Schritte!

Sie gehören zum Arbeits- und Wachstumsprozess dazu. Immerhin kannst du aus deinen Fehlern lernen. Scheue dich also nicht davor, Fehler zu machen. Versuche, sie als etwas Gutes zu sehen.

Der irische Schriftsteller James Joyce sagte einmal „Mistakes are the portals of discovery“. Also frei übersetzt: „Fehler sind das Tor zu neuen Entdeckungen.“

Impuls 10 Professionelle Hilfe bei krankhafte Perfektionismus

Die vorangegangenen Impulse klingen so einfach. Aber als Psychologin weiß ich, dass du einen stark ausgeprägte Perfektionismus nicht auf Knopfdruck abstellen kannst. Wenn dich dein Perfektionismus stark belastet und du selbst nach mehrmaligem Ausprobieren von Lösungsstrategien nicht weiter kommst, hole dir Unterstützung. 

Du wünscht dir Unterstützung, um deinen Perfektionismus zu überwinden? Ich helfe dir gerne weiter!

Mein psychologisches Fazit:

Nochmal zurück zu dem Motivationsspruch „Better done than perfect“.

Ich finde, dass du dich mit deinem Tun wohl fühlen solltest. Das Ziel deines Schaffens sollte also weder Perfektion noch Halbherzigkeit sein, sondern deine Zufriedenheit mit dir selbst.

Schreibübung: Diese Aufgabe fordert von dir genau das Gegenteil von Perfektion: Schreibe darüber, was dir heute alles passiert ist — wie ein Tagebucheintrag. 
Der Twist: Schreibe ohne viel nachzudenken und ohne zu korrigieren. Lass die Wörter einfach mal fließen. 
Du solltest also besonders ausschmückend schreiben. Deine Sätze müssen nicht mal grammatikalisch korrekt sein. 
Dein Text ist sowieso nur für dich bestimmt.

Wie schwer oder leicht ist dir diese Übung gefallen? Teile deine Erkenntnisse mit mir:

Ich freue mich, von dir zu hören!

Quellen:

Frost, R. O., Marten, P., Lahart, C., & Rosenblate, R. (1990). The dimensions of perfectionism. Cognitive therapy and research, 14(5), 449-468.

Bonelli, R. M. (2014). Perfektionismus: wenn das Soll zum Muss wird. Pattloch eBook.

Hamachek, D. E. (1978). Psychodynamics of normal and neurotic perfectionism. Psychology: A Journal of Human Behavior.

Wendsche, J. (2016). Psychische Gesundheit in der Arbeitswelt Pausen.

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